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Mit Licht geschossen | 33. Bildpräsentation

Historische Originalaufnahmen, eingefangen in Chemnitz, an der West- und Ostfront, großformatig plakatiert.

Eine Fotografie – einen Monat lang – an unterschiedlichen öffentlichen Plätzen von Chemnitz, über die gesamte historische Spiegelungsdauer 2014-2018.


„Höhlenleben“

Während der Jahre des 1. Weltkrieges hörten die bereits seit dem Altertum bekannten Feldbefestigungen auf, den Charakter einesProvisoriums oder einer befristet genutzten Stellung bzw. Unterkunft zu haben. Der Stellungskrieg v.a. in den Schützengräben an der Westfront machte erforderlich, dass sich die Soldaten dauerhaft in permanenten oder semi-permanenten Behelfsunterkünften einrichten mussten. Diese sollten im Idealfalle einen gewissen Schutz gegen Waffeneinwirkung sowie ein Minimum an Komfort, der zumindest die Kampffähigkeit der Soldaten einigermaßen erhalten musste, gewährleisten. Die meisten der improvisierten Unterkünfte an der Front oder in unmittelbarer Frontnähe genügten jedoch – zumindest in den ersten Jahren des Krieges – den beiden Anforderungen nicht oder nur unzureichend, hielten sie doch mit der Waffenentwicklung kaum schritt. In dem Maße, wie die Fronten zum Stellungskrieg erstarrt waren, war der Soldat jedoch gezwungen, sich in diese Provisorien über Monate, ja manchmal sogar Jahre hinweg dauerhaft einzurichten. Neben der Waffeneinwirkung, welche die Soldaten zum „Höhlen-„ oder „Maulwurfsleben“ verdammte, verschärften die Naturelemente ihre Lebensbedingungen hin zum schier Unerträglichen: In Regionen mit z.T. sehr niedrigem Grundwasserspiegel wie etwa in Flandern konnte bereits der Bau eines Schützenloch zur unlösbaren Aufgabe werden, da es sich schon in geringer Tiefe mit Grundwasser füllte. Weitaus dramatischer verhielt es sich vor diesem Hintergrund mit dem Bau tieferer, die Waffenwirkung reduzierender Unterstände: Schlamm und Wasser, Ungeziefer, Krankheitskeime wurden zum dauerhaften Begleiter jener Soldaten, die über längere Zeiträume in derartigen Grabenabschnitten Dienst tuen mussten; selbst völlig neue Krankheitsbilder, wie der sogenannte Immersions- oder Schützengrabenfuß („trench foot“), der zum Verlust ganzer Gliedmaßen führen konnte, gingen mit diesen katastrophalen Lebensbedingungen einher.

Auf beiden Seiten der Front versuchte man, diese Bedingungen durch Bau und Bereitstellung von einigermaßen erträglichen Behelfsunterkünften wenigstens etwas zu mildern. Am bekanntesten wurden dabei die vom kanadischen Offizier Peter Norman Nissen entwickelten und nach ihm benannten „Nissenhütten“ („Nissen hut“), die in der Etappe bzw. im frontnahen Bereich zu Einsatz gelangten. Die Wellblechhütten, die gelegentlich auch mit Erdaufschüttung versehen wurden, waren noch im 2. Weltkrieg und danach im Einsatz; am bekanntesten ist sicherlich ihr Einsatz als Notunterkunft für Ausgebombte. Die eigentlich britisch-kanadische Erfindung macht die exakte Bestimmung der aktuellen Fotografie etwas schwieriger: Unklar ist, ob hier deutsche Soldaten eroberte englische „Nissen huts“ in Augenschein nehmen oder wir es hier mit einem deutschen Pendant zur englischen Erfindung zu tun haben.